Glücklicherweise baut es Mini noch. Aber stimmt der Fahrspaß? Das hängt auch von einem kleinen Detail ab
Viele kleine Cabrios gibt es wahrlich nicht mehr. Nimmt man den Fiat 500 C von der Liste, der ja auch mehr Faltdach-Flunkerer als richtiges Cabriolet ist, bleibt eigentlich nur noch einer übrig: Der offene Mini Cooper.
Den hat man jetzt glücklicherweise nochmal neu aufgelegt, was wahrlich keine Selbstverständlichkeit ist in unserer derzeit so durchgeknallten Automobil-Welt. Fahrspaß-technisch hatte sich der Vorgänger ja so ein bisschen ein Wohlstands- und Komfort-Bäuchlein angefuttert. Ob die neue Generation wieder zu hakenschlagender Topform aufläuft, klärt unser erster Test.
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Es ist durchaus etwas verwirrend. Denn während es die neuen Cooper (3- und 5-Türer), den Aceman und den Countryman auch vollelektrisch gibt, ist das beim Cabrio nicht der Fall. Zudem nutzt man bei den klassischen Mini Hatches zwei komplett unterschiedliche Plattformen für Verbrenner und Elektrische.
Die neuesten Verbrenner-Minis, und damit auch das Cabrio, bedienen sich einer aufgebrezelten Version der Vorgänger-Basis. Die E-Minis wedeln auf der neuen JO1-Architektur, die zusammen mit Chinas Great Wall Motors ersonnen wurde. Über ein elektrisches Cabrio wird nachgedacht, aber aktuell gibt es noch keine Entscheidung. Tendenz nach unserem Dafürhalten: da kommt noch was. Vor allem, weil es sowas ja bereits gab. In den Vorgänger baute man ja schon mal einen Elektromotor ein. Allerdings weltweit nur 999-mal.
Komplett neu ist der offene Wusler, den Sie hier sehen also nicht. Dennoch hat sich weit mehr geändert, als Sie und ich auf den ersten Blick vielleicht denken mögen. Mini spricht von der vierten Generation seines kleinen Sonnenscheins und so ganz Unrecht haben sie damit auch nicht. Die einzigen Paneele, die von Alt nach Neu übertragen wurden sind die Türen.
Wie Sie sehen, sehen Sie hinten auch noch die alten, vertikalen Rückleuchten. Das dürfte hauptsächlich mit der Heckklappe zu tun haben, wo man massiv Werkzeugkosten spart, wenn man nicht auf ein neues Design umstellt. Und ganz ehrlich: eigentlich sieht das alte Heck doch eh besser aus, oder?
Der Union Jack bleibt uns an den Heckleuchten (eine von drei Leuchtengrafiken) und auf dem Verdeck erhalten. Letzteres kann wie bisher drei Zustände: Geschlossen, halboffenes Sonnendach oder volle Lotte Frischluft. Nach wie vor faltet es sich nicht komplett in den Kofferraum hinein, was durchaus Charme hat. Geöffnet und geschlossen wird in 18 Sekunden bei bis zu 30 km/h.
Motorentechnisch setzt der offene Mini ganz auf vier Zylinder und zwei Liter Hubraum - B48, um im BMW-Nerd-Sprech zu bleiben. Im Cooper C sorgt das für 163 PS, im von uns bewegten Cooper S sind es 204 PS. Zudem wird ein John Cooper Works mit 231 PS angeboten. Auch hier wieder etwas seltsam: Im Cooper C mit festem Dach vertrauen die Briten auf einen 1,5-Liter-Dreizylinder mit 156 PS. Aber weil das Cabrio schwerere Knochen hat, bekommt es die größere Maschine. Das Gewicht unseres offenen Cooper S übrigens: 1.455 Kilogramm inklusive Fahrer.
Durchaus bemerkenswert ist, wie viel Arbeit in die Anpassungen gegenüber den kompakten Brüdern mit festem Dach gesteckt wurde. Eine V-förmige Strebe im Unterboden auf Höhe der Vordersitze macht das Auto steifer. Generell hat man auch gegenüber dem Vorgänger an Steifigkeit zugelegt, was dem Handling durchaus zu Gute kommt.
Das gilt ebenfalls für die etwas breitere vordere Spur, die direktere Lenkübersetzung und die strafferen Federn und Dämpfer, welche die Reaktionsschnelligkeit des Autos verbessern sollen.
Selbiges gibt sich reduzierter, funkier, frischer und innovativer als bisher. Man kennt es ja bereits aus den übrigen neuen Mini-Modellen. Auffällig: Mini versucht von den teils erschreckend einfachen Materialien an Türen, Handschuhfach und Co. mit einem wirklich schicken und nachhaltigen Textil auf dem Armaturenbrett abzulenken, das zudem Hitze absorbiert. Für Freude sorgt überdies die dünne Textil-Schlaufe, die man als dritte Speiche ins sehr BMW-typische Lenkrad gewoben hat.
Wie immer grandios: Die extrem tiefe Sitzposition, von der sich ungefähr jeder andere Kleinwagen nur zu gerne zwei bis fünf Scheiben abschneiden dürfte. Die Sitze selbst zeigen sich angenehm groß (auch das ist in dieser Klasse nicht unbedingt selbstverständlich) und auch auf längeren Touren bequem bei vernünftigem Seitenhalt. Dazu sei gesagt: Ich bewegte die "Classic"-Ausstattung, sprich: ohne die JCW-Sportsitze.
Das Zentrum des Geschehens ist der mächtige Infotainment-Pizzateller, der wie die reduzierte Schalterleiste darunter (mit Startknopf, Schalthebel und Lautstärke-Regler) verdammt gut und hochwertig aussieht. Persönlich finde ich den wahnsinnig runden Screen und die Aufteilung darauf etwas schwierig zu erfassen, weil hier wirklich sehr viel passiert und viele Symbole wie etwa das Sitzheizung-Icon doch arg klein geraten sind.
Aber technologisch ist natürlich alles auf dem neuesten Stand, inklusive großer, mittig eingeblendeter Augmented-Reality-Navigationshilfe. Inzwischen schon richtig ungewohnt: das Head-up-Display mit kleiner Scheibe, einfach weil die Windschutzscheibe des Autos recht knapp/nah ist und sehr senkrecht steht.
Selbstverständlich bekommt auch der offene Mini Cooper die komplette Armada an "Experience"-Modi. Sieben an der Zahl. Unter anderem mit den sehr schicken Classic-Instrumenten, einem Green-Mode, einem Core-Mode und dem unvermeidlichen Go-Kart-Setting - inklusive albernem "woo-hoo"-Ton, wenn man ihn aktiviert (was man allerdings auch ausschalten kann).
Platzverhältnisse hinten? Haha, guter Witz, aber das ist nun wirklich nicht neu. Ich würde das Auto maximal als Dreisitzer sehen. Wenn der Beifahrer die Knie unters Kinn yogaisiert. Einen Viersitzer sähe ich nur, wenn der Fahrer nicht älter als 10 wäre. Der Kofferraum packt bei geschlossenem Verdeck 215 Liter, offen bleiben 160 Liter. Immerhin geht das Gepäckabteil recht weit nach unten. Zudem erleichtert die nach oben schwingende Verdeck-Klappe das Einladen.
Das Fahrverhalten ist grundsätzlich erfreulich. Das konnte man ja bei der letzten Generation nicht unbedingt vollumfänglich behaupten. Da bekam das Gokart so ein bisschen den fahrdynamischen Fat Suit angezogen. Bauchig, weich und ein bisschen lätschern war's.
Offenbar wollten sich die Damen und Herren Ingenieure das nicht länger anhören müssen und haben reagiert. Das Ergebnis kann sich zu großen Teilen sehen lassen. Jetzt ist so ein Cooper S Cabrio inzwischen ja nicht leichter geworden. Ich erwähnte es: 1.455 Kilo. Und weniger Feinschliff und Rundheit im Fahrverhalten kannst du den Leuten auch nicht verkaufen. Überlegen Sie mal, wie so eine Generation 1 oder Generation 2 des Mini Cabrio durch die Gegend gefetzt ist. Aber sehr viel gepoltert und gerumpelt und gehoppelt ist es halt auch. Das war sehr lustig, aber in einem Neuwagen will das heute eben keiner mehr.
Also muss das Ding erwachsen fahren und gescheid abrollen und vernünftig federn, aber bitte trotzdem auch das ewige Go-Kart-Feeling liefern. Und wenn ein guter Schuss Verspieltheit im Fahrwerk die über die Jahre aufgestaute Bräsigkeit ersetzt, dann schadet es sicher auch nix.
Genau das hat man geschafft. Das neue Mini Cooper S Cabrio lenkt sich quickfidel, verbindlich und mit einem schönen Feel im etwas dicken Lenkrad. Die Vorderachse hat man wirklich richtig ordentlich hinbekommen und sauber rausgearbeitet. Da fühlst du ein paar durchaus willkommene Antriebseinflüsse in der Lenkung, aber eben auch nicht zu viele. Da merkst du sehr genau, welche Beschaffenheit die Straße unter dir gerade hat und wie weit du davon weg bist, gleich von selbiger abzufliegen. Zudem funktioniert der Kraftaufbau sehr smooth und klug, auch wenn man's mal ein bisschen übertreibt mit dem Ausreizen der Traktion.
Schön auch: Das Heck lässt sich - ganz die alte Mini-Schule - schon ganz gut überreden, am Fahrspaß-Zirkus mitzuwirken, wenn man die Vorderachse ein bisschen überfährt und dann das Gas lupft. Zumindest auf dem leicht feuchten Geläuf am Testtag war das kein großes Problem. Abzufangen ist das Ganze relativ easy, weil der kurze Hintern erfreulich gutmütig ausschert. Alles in allem eine Rückkehr zur Form.
An welche die Motor-Getriebe-Kombo nicht ganz hin kommt. Zumindest nicht im getesteten Classic-Trimm, dem es - wie sich das eben so gehört für ein kleines Gaudi-Cabrio - tatsächlich an Schaltpaddles für den 7-Gang-Doppelkuppler fehlt. An ein Schaltgetriebe ist ja ohnehin nicht mehr zu denken. Die Folge: Ein eklatanter Mangel an Involvierung und auch an Möglichkeiten, der etwas schläfrigen Schaltstrategie des Computers gehörig eine vor den Latz zu knallen.
So verläuft sich das Getrag-Getriebe oft viel zu lang im Drehzahl-Unterhaus, springt selbst im sportlichsten Go-Kart-Modus zu selten mal den erhofften Gang zurück und verhagelt dem lustvollen Fahrwerkslayout damit so ein bisschen die Show. Auch weil der Zweiliter-Vierzylinder sicher nicht der Heißsporn und Charismatiker vor dem Herrn ist, auch wenn er zweifelsfrei sehr wuchtig anschiebt.
Besonders dramatisch für den Gesamtauftritt ist das nicht. Vor allen Dingen, weil alle Menschen die dynamiknerdig genug sind, dass sie sowas bei einem Mini Cabrio interessiert, ja einfach zur Ausstattungslinie John Cooper Works greifen können. Dann kriegen sie ihre Schaltwippen und die Welt ist wieder in Ordnung. Warum man dafür extra zahlen muss und Mini die Dinger nicht einfach an jeden Cooper S klatschen kann, muss man allerdings auch nicht verstehen. Vor allem, weil die JCW-Ausstattung deftige 3.300 Euro Aufpreis kostet. Immerhin sind dann auch aggressivere Schürzen, ein schärfer abgestimmtes Fahrwerk und die Sportsitze dabei.
Letztlich bleibt festzuhalten, dass Mini sein Cabrio (wie auch schon den geschlossenen Drei- und Fünftürer) im Grinser-per-Minute-Ranking wieder ein ganzes Stück nach oben gehievt hat. Dass der Schliff beim allgemeinen Fahrgefühl darunter nicht gelitten hat, nehmen wir gerne mit.
Wenn Sie auf der Suche nach einem kleinen Cabriolet sind, bleibt Ihnen aktuell fast gar nichts anderes übrig, als auf den offenen Mini Cooper zu setzen. Ein Mazda MX-5 bezirzt die Fahrer-Sinne sicher noch ein wenig mehr, allerdings: So richtig vergleichbar sind die beiden nicht. Allein schon, weil es den Kult-Japaner bei uns inzwischen nur noch mit der etwas müden 131-PS-Maschine gibt.
Umso schöner, dass das neue Mini Cooper S Cabrio im Test mit Party-tauglichem Handling bei gleichzeitig feinem Schliff und sehr ordentlichem Komfort überzeugen konnte. Günstig war der offene Mini-Spaß freilich noch nie und ist er auch hier nicht. Mit etwas Ausstattung knackt man ratzfatz die 40.000-Euro-Marke.