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Mercedes kündigt Steer-by-Wire-Lenkung an

Agil auf Landstraßen, wendig in der Stadt: System soll ab 2026 völlig neues Lenkgefühl bringen

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Tesla hat es im Cybertruck, Lexus hat es für den RZ angekündigt: ein Lenksystem ohne physische Verbindung zwischen Lenkrad und Vorderachse, im Fachjargon Steer-by-wire genannt. Dabei wird der Lenkbefehl über eine elektrische Signalleitung übermittelt. Nun kündigt auch Mercedes ein solches System an und verspricht ein völlig neuartiges Lenkgefühl. Dazu gehört offenbar auch ein Steuerjoch, welches das Lenkrad ersetzt.

Bald beginne für die Kundschaft eine "neue Ära der Fahrzeugbedienung", so die Stern-Marke: Als erster deutscher Automobilhersteller werde man ab 2026 einen Serien-Pkw mit Steer-by-Wire anbieten. Davon soll die Fahrdynamik profitieren, das Manövrieren sowie Einparken leichter von der Hand gehen. Denn der Kraftaufwand kann weiter verringert werden und das Umgreifen am Lenkrad entfällt.

Steer-by-Wire-System von Mercedes

Die Technologie ermögliche "ein einzigartiges Kundenerlebnis, das über das reine Lenken weit hinaus geht", schwärmt Technikvorstand Markus Schäfer. In Kombination mit dem teilautonomen Fahren auf Level 3 ergebe sich auch eine "noch immersivere Entertainment-Erfahrung". Denn dann störe kein Lenkrad mehr den Blick auf Videos und dergleichen.

Von Fahrbahnunebenheiten verursachte Stöße, die bisher direkt auf das Lenkrad und damit auf Fahrerin oder Fahrer übertragen wurden, können fast vollständig unterbunden werden. Ein weiterer Vorteil von Steer-by-Wire ist, dass die Lenkübersetzung flexibel an unterschiedliche Situationen angepasst werden kann. So entfallen Zielkonflikte - Sportlichkeit und Komfort lassen sich noch besser vereinen, schreibt Mercedes. Durch eine Hinterachslenkung mit einem Lenkwinkel von bis zu zehn Grad lassen sich auch Fahrstabilität und Queragilität steigern. 

Die elektronische Lenkung lässt sich auch leichter an einzelne Modelle oder sogar Varianten innerhalb einer Baureihe anpassen. Zudem ermöglicht die Technologie neuartige Gaming-Möglichkeiten während einer Fahrpause. Das von der Achse entkoppelte Steuer könnte zum Beispiel für Rennspiele genutzt werden - natürlich nur im Stand. Darüber hinaus kann das Steuer flacher gestaltet werden, was den Blick aufs Instrumentendisplay verbessert. Auch der Ein- und Ausstieg fällt leichter, weil das unten abgeflachte Lenkrad für mehr Platz sorgt.

Bei dem System von Mercedes gibt ein Aktuator am Lenkrad (Steering Feeback Unit; SFU) das Lenksignal über eine elektrische Leitung an das Lenkgetriebe (Steering Rack Unit; SRU) weiter. Dieses lenkt dann die Räder. Die SFU sorgt zudem für das markentypische Lenkgefühl: Die Gegenkraft, die man am Steuer zum Beispiel in einer scharf gefahrenen Kurve spürt, wird von einem Elektromotor erzeugt. 

Um die Lenkfähigkeit auch bei einem Ausfall zu gewährleisten, setzt Mercedes auf Redundanz. Es gibt aber keine Lenksäule als Rückfallebene mehr, sondern zwei elektronische Systeme. Zwei Signal-Pfade, die doppelte Anzahl der erforderlichen Aktuatoren und eine redundante Auslegung von Daten- und Spannungsversorgung sorgen für Ausfallsicherheit. Selbst bei einem Komplettausfall der Vorderachslenkung ist dank Hinterachslenkung und mit radindividuellen Bremseingriffen über das ESP noch ein rudimentäres Lenken möglich.

Das neue Steer-by-Wire-System von Mercedes hat bereits über eine Million Testkilometer auf Prüfständen absolviert. Ungefähr nochmal so viele Erprobungs-Kilometer auf Testgeländen und sogar im Straßenverkehr kamen hinzu.

Unter dem Strich

Nachdem das elektronische Gaspedal sowie Shift-by-Wire und Brake-by-Wire bereits Realität sind, ist allmählich auch die Zeit reif für Steer-by-Wire, also das Lenken per elektronischem Signal. Damit wird das Auto nochmals elektronischer. Beim Gaspedal, beim Schalten und Bremsen gab es kaum Widerstand von eingefleischten Auto-Traditionalisten.

Beim Lenken könnte das anders sein. Allerdings ist schon heute das Lenken keine rein mechanische Angelegenheit mehr, man denke nur an Features wie die geschwindigkeitsabhängige Servolenkung oder auch die geschwindigkeitsabhängige Übersetzung, bei VW Progressivlenkung genannt. Für die Akzeptanz kommt es jedoch auf die elektronische Steuerung an - wenn die gut ist, wird sich wohl kaum jemand beschweren. 

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